Illusionistik (Bastean Asanra)
III. Illusionistik
1. spezifizierte Wahrnehmungstheorie
Zum Verständnis insbesondere der subjektiven Illusionistik ist es notwendig, dass wir uns mit der Art und Weise beschäftigen, in welcher der Körper Informationen aus seiner Umgebung auf- und wahrnimmt und wie er sie verarbeitet, reflektiert und darauf reagiert.
Rekapitulation: Wir gehen davon aus, dass der Verstand aus sogenannten Fila logicae besteht. Diese bilden die in jedem beseelten Wesen existenten Anteile des Verstandes (= Geistes). Unter die in jedem Wesen vorhandenen Verstandesanteile fallen das Bewusstsein (beinhaltet Logik, Reflexion und Sprache) und das Unterbewusstsein (Emotion, Wille, Wahrnehmung, arkanes Zentrum).
Die Wahrnehmung ist so gestaltet, dass sie Verbindung zu den fünf Sinnen besitzt, im Detail also zu der Sicht, zum Geruch, zum Geschmack, zum Gehör und zum Tastsinn. Anatomisch ist das so vorstellbar, dass Augen, Nase, Zunge und Ohren eine direkte Verbindung zur Wahrnehmung, welche Teil des Unterbewusstseins ist, besitzen, welche als hier neu in das Modell eingeführte Fila sensoriae bezeichnet werden. Diese „Wahrnehmungsfäden“ verlaufen zwischen den vier Sinnen des Kopfes, wobei in der Regel ein einzelner Faden von einem bestimmten Sinnesorgan aus zur Wahrnehmung verläuft; der Tastsinn ist etwas komplexer strukturiert, da er den ganzen Körper erfasst und nicht auf bestimmte Körperorgane fällt. Er gestaltet sich so, dass jedes Suborgan einem anderen Organ untergeordnet ist, welche entsprechende Tastsinnesverknüpfungen besitzen. Die Fila sensoriae der Finger eines Armes verlaufen zusammen zu den Fila sensoriae einer Hand, diese und der restliche Arm verlaufen wieder zusammen und vereinigen sich zu den Fila sensoriae des gesamten Unterkörpers (Corpus, d.h. ab dem Hals). Zuletzt vereinigen sich sämtliche Tastsinne des Körpers (Kopf wie Corpus) an einer Stelle im Nacken, von wo aus die große Anzahl von Fila sensoriae zum Unterbewusstsein verbunden sind.
Wie bereits erwähnt gelangen die Sinneswahrnehmungen über den Weg der Fila sensoriae in das Unterbewusstsein und von dort aus über den Weg des Zensors in das Bewusstsein.
Der Zensor dient dazu, die Informationen in wichtige und unwichtige Informationen zu separieren und hat den Effekt, dass die bewusste Wahrnehmung nicht überflutet wird und dadurch handlungsunfähig wird. Das drückt sich letztlich darin aus, dass ein Subjekt nur einen sehr geringen Teil seiner Wahrnehmungen überhaupt bewusst wahrnimmt und einen noch geringeren Teil logisch verarbeitet, sodass die allermeisten Details bestimmter Situationen in der Erinnerung fehlen. Er filtert also die unwichtigen Informationen heraus, welche das Bewusstsein eher belasten als fördern.
Die Intuition ist so gestaltet, dass sie Informationen, die im ersten Schritt (unterbewusst) wahrgenommen werden, einer seperaten Prüfung unabhängig vom Zensor unterzieht und, sofern die Intuition dabei Auffälligkeiten feststellt, dem Bewusstsein diese Unregelmäßigkeit mitteilt. In diesem Falle spürt das Subjekt diese positiv ausgefallene Unregelmäßigkeitsprüfung, welche beispielsweise ein Rascheln hinter seinem Körper darstellen kann, und kann darauf reagieren, obwohl er es nicht bewusst verarbeitet hat. Die Intuition ist auch für Reflexe zuständig, da sie Informationen schneller abarbeiten kann als das Bewusstsein und den Körper aus dem Unterbewusstsein heraus dazu zwingen kann, einem Schlag auszuweichen oder ähnliches, ohne dass diese Entscheidung logisch gefasst wird.
2. subjektivillusionistische Eingriffe (Primärillusion)
Die Abgrenzung zwischen Mentalmagie und subjektiver Illusionistik ziehen wir nun wie folgt: Der Illusionist greift zur subjektiven Illusion die Fila sensoriae an, wohingegen der Mentalmagieansatz direkt in der Wahrnehmung, d.h. im Unterbewusstsein selbst manipuliert. Da letzteres jedoch Bestandteil des Geistes ist und damit einem gewissen natürlichen Schutz unterliegt, ist es einfacher, an der „Verknüpfung“ zwischen Geist und Sinneswahrnehmung anzugreifen, also an den Fila sensoriae selbst.
Die Manipulationen der Sinneswahrnehmungen werden hierbei in drei Kategorien eingeteilt (in der Reihenfolge ihrer Verursachenskomplexität):
- Beschreibende Wahrnehmungen sind komplexe Geflechte, beispielsweise gehörte Worte, gesehene Strukturen oder detailliertes Ertasten einer Struktur.
- Schmerzwahrnehmungen sind direkt unangenehme Wahrnehmungen, etwa Schmerz durch den Tastsinn, Blendung durch den Sehsinn oder extreme, nicht zuordnbare Lautstärke durch den Hörsinn.
- Nullwahrnehmungen entstehen, wenn man Informationen in den Fila sensoriae aufhält oder zerstört. Das Subjekt fühlt dadurch garnichts, es entsteht eine Form der Betäubung. Dies drückt sich in Gefühllosigkeit des Körpers an bestimmten Stellen, in einem Nichts-Sehen oder Nichts-Hören aus.
Schmerzwahrnehmungen überstehen durch simple „Überflutung“ der Fila sensoriae, Nullwahrnehmungen durch Betäubung, also durch das Aufhalten der Informationen in den Fila oder durch das Eliminieren der Informationen. Das lässt sich modellhaft darstellen wie ein Kanal, durch welchen Gebilde fließen. Schmerz stellt immer eine sehr hohe Frequenz an Durchfluss durch die Fila dar; Taubheit ein Anhalten des Durchflusses. Komplexe Wahrnehmungsgeflechte sind schwieriger darzustellen. Der Illusionist muss sich hier selbst das Bild, das er erzeugen will, exakt vor Augen halten. Dieser Vorgang ist eng an die magische Wirkungsweise geknüpft.
Im Zusammenhang mit II. - Generelle arkane Theorie bedeutet dies, dass der Magier mit seinen Fila astralae Informationen in den Fila sensoriae bilden, manipulieren oder zerstören kann. Je nach Stärke und Anzahl der Fila astralae, also je nach der Macht des Magiewirkers, sind unterschiedlich komplexe und unterschiedlich viele Wahrnehmungen in unterschiedlich vielen Wahrnehmungssinnen zeitgleich möglich. Eine wirklich perfekte Illusion ist dann gegeben, wenn es ihm gelingt, eine Illusion über alle fünf Sinne aufzubauen, welche von der Intuition nicht angezweifelt wird.
3. objektivillusionistische Eingriffe (Sekundärillusion)
Zur objektiven Illusionistik lässt sich zunächst sagen, dass sie einen vollkommen anderen Ansatz als die subjektive Illusionistik besitzt und in ihrer Art mit dieser kaum vergleichbar ist. Primär- und Sekundärillusion stellen vollkommen unterschiedliche Ansprüche an den Wirker und sind damit definitiv getrennte Fachgebiete der arkanen Magie.
a) optische Objektivillusion
Der Grundsatz der optischen Objektivillusionistik besteht in der Manipulation des Mischelementes Licht. Dazu gehen wir erneut auf II. - Generelle arkane Theorie ein. Ein Mischelement bildet sich immer zwischen zwei sich nicht abstoßenden Elementen. Licht ist nun ein Mischgewebe aus Luft und Feuer; damit besteht es aus zwei leicht formbaren, aber damit auch nicht allzu stabilen Elementen.
Die Problematik besteht in der Texturierung eines solchen Lichtgewebes. Das findet bei der objektiven Illusionistik auf dem Wege statt, dass der Magier das durch Fila Astralae gefestigte Lichtgewebe, welches bereits die Form des zu bildenden Illusionskörpers besitzen sollte, mit einem in seiner Reflexion projezierten Bild texturiert. Das bedeutet: Er konzentriert sich auf die gewünschte Textur und versucht sie ähnlich den Befehlen, welche an das arkane Zentrum geleitet werden, durch den Zensor zu transportieren und über das arkane Zentrum abbilden zu lassen. Dieser Schritt erfordert extrem hohe Anstrengung und ist nur bei sehr kleinen Objektivillusionen ohne viel Übung machbar, da die Darstellung des gesamten Bildes im Raum sehr kraftaufwendig ausfällt. Der Effekt wird hierbei dadurch hervorgerufen, dass der Magier die Texturierung vor seinem inneren Auge sehen muss und sie über das leicht formbare Licht legt. Gewissermaßen bindet er das Licht bereits mit der Konzentration auf die spätere Textur.
b) andere Objektivillusionen
Nichtoptische Illusionen auf objektiver Basis zu erzeugen ist ein bisher kaum definiertes Gebiet. Hierzu fehlen insbesondere die Grundlagen zur Erklärung von Geräusch, Geruch und Geschmack.
Die bisher existierenden Theorien dazu bilden keine besonders fundierte Basis für eine Theorie dazu und da auch die Anwendungen solcher Illusionen bisher wenig entwickelt sind, möchte ich mich in dieser Arbeit auf optische Objektivillusionen beschränken.
Addendum: Nacharbeiten hierzu liefen darauf hinaus, dass „objektivillusistische“ Geruchs-, Geschmacks- und Geräuscheffekte tatsächlichen Effekten in nichts nachstehen und somit einer Erzeugung tatsächlicher solcher gleichkommen. Somit ist hier nicht von Illusionen zu sprechen.
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